Meine neue Kompaktform

Hier möchte ich Euch etwas ganz Besonderes und ggf. Zukunftsweisendes vorstellen.

Ich unterrichte seit diesem Jahr öffentlich meine neue Kompaktform.

Neu ist sie nicht wirklich, ich selbst trainiere sie schon seit über zehn Jahren, habe mich aber bisher gescheut, sie auch zu unterrichten.

Was ist die Kompaktform?

Die Kompaktform reduziert die Bewegungen der Langform von 75 auf 37, ohne Inhalte oder Qualität einzubüßen. Alle Prinzipien und Abfolgen der Laojia Yilu bleiben erhalten.

• Somit ist sie keine Kurzform im herkömmlichen Sinne einer Vereinfachung. Denn sie enthält prinzipiell alles aus der 1. Form Laojia. Allerdings sind fast alle Wiederholungen gestrichen. Dadurch reduziert sich die Zeit für einen Durchlauf um die Hälfte und doch wird alles aus der Laojia geübt. Auch bleibt die Abfolge der Bewegungen deckungsgleich zur Langform, so dass 

• ein späteres Erlernen dieser nur noch ein kleiner Schritt ist. Denn alle Figuren und auch deren Reihenfolge sind bereits bekannt und müssen nur um ebenfalls bereits vorhandenes (Wiederholungen) ergänzt werden. Das Gleiche gilt natürlich auch für die Profis, die die Langform bereits können: für sie ist es ein ähnlich einfaches Unterfangen, die Kompaktform zu erlernen.

• So bildet die Kompaktform die Essenz der Langform ab und bleibt in ihrer Choreografie dieser gleich. Dies ist ein großer Unterschied zu den modernen Kurzformen, welche zwar kürzere und zumeist vereinfachte, aber auch tatsächlich andere Formen darstellen. Durch ihre gänzlich anderen Choreographien und zusammengemischten Dialekte ist es für Anfänger oft schwierig, von den herkömmlichen Kurzformen dann auf die Langform umzulernen. Mit der Kompaktform ist dies nun erheblich einfacher. Denn Schüler:innen lernen von Anfang an quasi die Laojia Form, welche sie bei Interesse später dann nur noch um die Wiederholungen bereichern brauchen.

Aber die Kompaktform hat noch viel mehr:

Alle alten Kombinationen bleiben in der Form erhalten. Klassisch wurde die Langform u.a. in 13 Sektionen eingeteilt. Ursprünglich gehörten einige Figuren in ihrem Ablauf zusammen, bildeten gemeinsam eine in sich geschlossene Kombination. Während moderne Kurzformen hierauf keine Rücksicht mehr nehmen, ist die Kompaktform so abgestimmt, dass alle diese Informationen und Kombinationen erhalten bleiben. So bleibt in Zukunft, wenn die moderne Gesellschaft kürzere Formen bevorzugen wird, alles authentisch Ursprüngliche auch für die nächsten Generationen erhalten, was das Hauptanliegen dieser Form ist.

Taijiquan verlangsamt sich seit etwa 100 Jahren beständig. So wird die klassische Form, also die heutige ‚Langform‘, immer länger. Haben wir sie in den 1990er Jahren noch in einer Viertelstunde durchlaufen, so dauert sie bei den Ausübenden inzwischen durchschnittlich doppelt so lange.

Es geht also bei der Kompaktform nicht darum, eine weitere vereinfachte Kurzform anzubieten. Denn für alle, die vereinfachte Bewegungen und nochmals kürzere Kurzformen lernen wollen, sind die 9er- und 19er-Formen natürlich nach wie vor unersetzlich.

•  Im Gegenteil: Sie stellt den nötigen Schritt da, der höheren und sehr guten Langsamkeit des Taijiquan Rechnung zu tragen und für die Zukunft eine Form bereit zu stellen, die wieder in der ursprünglichen Zeit gelaufen werden kann und doch nichts dadurch verliert.

• Dadurch, dass die Kompaktform sowohl durchgehend langsam und weich, auf Wunsch aber auch vollständig explosiv ausgeführt werden kann, bildet sie in sich auch das Übungsgut für beide Konzepte aus erster und zweiter Form. 

Kurz: In ihr werden wahlweise sowohl die sanften langsamen als auch die explosiven schnellen Bewegungen trainiert. So sind es quasi zwei Formen in einer und man beschließt am Anfang der Form, welchen Aspekt man diesmal trainieren möchte: durchgängig langsam, durchgängig explosiv oder etwas dazwischen.

• Natürlich bleiben die 1. und 2. Form genau wie bisher bestehen. Wir müssen uns aber ehrlich eingestehen, dass sie in der Art, wie sich unsere Gesellschaft entwickelt, langsam eher etwas für besonderes Interessierte und Enthusiasten sein wird. Die Übungsdauer der 1. Form Laojia beträgt inzwischen i.d.R. 30-45 Minuten. Zusammen mit der Stehenden Säule und den Seidenübungen ist man dann schon bei gut zwei Stunden bei nur einem Durchlauf. Das ist hervorragend für die, die es wirklich wissen wollen. Für die Profis, die gerne auch das zwei bis dreifache am Tag trainieren.

• Aber für diejenigen, die zwar keine Vereinfachung trainieren wollen, aber gleichzeitig Taijiquan auch nicht zur Hauptbeschäftigung ihres Tages machen können, entsteht hier immer deutlicher eine Überforderung.

Das macht sich auch in den Kursen vor Ort, wo ein normales Klientel Taiji erlernen möchte, bemerkbar.

All diese Probleme löst nun die Kompaktform!

• Die Kompaktform bildet zwischen den vereinfachten Kurzformen und dem originalen Übungsgut eine Alternative, die beides bietet:

Originales Übungsgut in der für die Moderne angepassten Zeit bei gleichbleibend hohem Niveau, wie es das heutige Taijiquan wie nie zuvor bieten kann.

Denn die Verlangsamung vermindert die Fähigkeit unseres Systems nicht. Ganz im Gegenteil ist sie eine konsequente Weiterentwicklung dessen, was mit Chen Wangting begonnen, Chen Changxing weiterentwickelt wurde und mit Chen Xiaowang und uns in die Zukunft getragen wird.

Wer sich mehr für die Hintergründe dieser alten Inhalte und ihre Kombinationen interessiert, der sei auf meine 43er Webinare zur Laojia Yilu verwiesen, wo ich diese in historisch bisher einmaligem Umfang und Genauigkeit darstelle (mehr Infos dazu hier).

Und noch ein allerdings zufälliger Vorteil: Die Form umfasst in ihrem Ablauf gerade mal 2 bis 2,5 m², kann also überall geübt werden!

Zusammengefasst:

  • Eine Kurzform, die wirklich auf die Langform vorbereitet.
  • Eine Kompaktform, die alles enthält und in sich vollständig ist.
  • Eine Form, die das Konzept von 1. und 2. Form in sich vereint.

Für Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung und freue mich darauf, die Kompaktform nach so vielen Jahren eigenen Trainings und Überprüfung nun mit Euch teilen zu können.

Teilen mit: